Helene Mira – Frau Schach im Gespräch mit der Grande Dame des österreichischen Schachs
Am diesjährigen Vienna Chess Ladies Open nahm auch die „Schachactriece“ Helene Mira teil. Frau Schach hatte die Gelegenheit zu einem Gespräch mit der sechsfachen österreichischen Frauenstaatsmeisterin und bekannten Schachspielerin.
Schön, dass Sie trotz intensiver Arbeit in Ihrer Schachwerkstatt, sich die Zeit nehmen am diesjährigen Vienna Chess Ladies Open teilzunehmen. Das freut uns natürlich sehr.
Ich bin von Herrn Pöcksteiner (Vizepräsident & Finanzreferent, Wiener Schachverband) eingeladen worden und habe mich diesmal entschieden mitzumachen. Es ist für die Veranstaltung wichtig, dass genügend Teilnehmerinnen mit einem WIM Titel (Internationale Meisterin im Frauenschach) teilnehmen. Damit auch andere Kandidatinnen Möglichkeiten auf einen WIM Titel haben. Also bin ich nur das Kanonenfutter.
Nein, im Ernst. Ich habe mich über die Einladung gefreut und nehme gerne teil. Leider war ich in der letzten Zeit etwas krank und konnte mich darum nicht optimal vorbereiten.
Sie können ja bereits auf eine lange und sehr erfolgreiche Schachkarriere zurückblicken. Wann und wie waren Ihre Anfänge im Schach?
Na ja, eigentlich begann ich so mit 17 Schach zu spielen. Habe aber hauptsächlich geblitzt. Ich bin somit ich eine klassische Kaffeehausschachspielerin. Ich habe mir die Ausbildung am Max-Reinhardth-Seminar mit Blitzen im Cafe Museum verdient. Zum Turnierschach kam ich erst viel später, mit etwa 30 spielte ich mein erstes Turnier, das habe ich auch gleich gewonnen, dann kam die Ausscheidung zur Staatsmeisterschaft und die Teilnahme an der Staatsmeisterschaft, die ich auch gleich gewonnen habe.
Das ist natürlich ein grandioser Einstieg ins Turnierschach, so mal gleich Österreichische Staatsmeisterin zu werden.
Ja, damit hatte wohl keiner gerechnet. Frau Dr. Inge Kattinger ( Grande Dame des österreichischen Schachs, 1911-2003?) , meinte einmal : „ Blitzen kann sie, Schach spielen nicht.“ Dann kam auch noch gleich die Teilnahme an der Olympiade. Nebenbei hatte ich sehr großen Erfolg auf der Bühne. Meine Arbeit am Vorarlberger Landestheater und auch an anderen Bühnen war mir natürlich immer besonders wichtig. So konnte ich eigentlich mehr oder weniger nur in den Sommermonaten Schach spielen, da dann die Spielpause im Theater Zeit für Schach ließ. Während der Theatersaison war neben Textstudium, Proben, Aufführungen etc. an Schach nicht zu denken.
Ihre Schachkarriere ist schon sehr bewundernswert, wenn man bedenkt, dass Sie auf der Bühne ebenso erfolgreich waren. Schach also nur so „nebenbei“ in der freien Zeit gespielt haben.
Ja, ich habe wohl Glück, dass ich eine große Portion Talent mitbekommen habe. Mein Mann ( Bruno Felix, Theaterdirektor, Regisseur,Schauspieler) hat mich auch in meiner
Schachkarriere immer unterstützt und war sehr stolz auf meine schachlichen Erfolge. Leider ist er letztes Jahr verstorben. Ich vermisse ihn sehr.
Welches waren für Sie die wichtigsten Stationen in Ihrer Schachkarriere?
Dass ich 6 mal die Damenstaatsmeisterschaft gewonnen habe und 12 mal an der
Schacholympiade teilgenommen habe, gehört sicher zu den Höhepunkten meiner
Schachkarriere. Zu meinen schönsten Erlebnissen zählt für mich die Partie gegen GM Adrian Mikhalchishin. Dies war eine sehr lange Paritie (über 100 Züge) und beide litten unter Zeitnot. Ich habe die Partie zwar verloren, aber es genossen ihn so unter Druck setzen zu können.Auch ein Remis gegen Weltmeister Anatoly Karpov gehört zu den Sternstunden meines Schachlebens.Es war bei einem Uhrenhandicap und ich war sehr stolz darauf, weil er es mir wirklich nicht geschenkt hat.
Was macht für Sie die Faszination des Schachspiels aus?
Das man im Kopf eines anderen „spazieren geht“. Also dieser Versuch die Gedanken und
möglichst die Pläne des anderen zu erahnen. Und natürlich liebe ich einfach die
Wettkampfsituation im Allgemeinen sehr.
Welche Vorbilder hat ein Profi wie Sie?
Da gibt es so viele. Abgesehen von Tal (lettischer/sowjetischer Schachspieler, der achte
Weltmeister, 1936-1992), dessen Spielweise mir immer sehr gut gefallen hat, bin ich auch von Kramnik (russischer GM, 14. Schachweltmeister) sehr beeindruckt!
Was ist Ihr nächstes großes Ziel?
Ich möchte heuer wieder an der Damenstaatsmeisterschaft (24. -31-August, in Kärnten)
teilnehmen.
Welche Rolle spielt Fleiß im Spitzenschach? Welche Talent?
Ich glaube das beides gleichermaßen wichtig ist. Gerade in der heutigen Zeit ist der Zugang zu Schachwissen leichter als früher, deshalb muss man auch an der Theorie arbeiten. Die Konkurrenz schläft nicht.
Warum sind Frauen im Spitzen- und im Breitenschach so unterrepräsentiert?
Schach kann man nicht einfach so nebenbei machen. Es ist einfach ein sehr zeitintensiver Sport und Frauen sind durch Familie und Beruf schon sehr belastet. Da bleibt oft einfach keine Zeit mehr.
Ich beschäftige mich damit, Schach für Frauen attraktiver und zugänglicher
anzubieten. Was würden Sie empfehlen um Schach unter Frauen beliebter zu
machen?
Man sollte den Frauen den lustbetonten Umgang mit Schach näher bringen und nicht nur den sportlichen Aspekt hervorheben. Also, ich finde Ihren Weg über eine Frauenkaffeehausgruppe schon sehr gut.
Welche Schachliteratur bzw. Lernhilfen würden Sie empfehlen?
Mein absolutes Lieblingsschachbuch ist die „Endspieluniversität“ von Mark Dworetzky. Ein geniales Buch. Ich entdecke darin immer wieder neues. Natürlich ist auch die Stufenmethode zu empfehlen und das PC Program der chesstutor für eher schwächere Spielerinnen.
Vielen Dank für das Gespräch.